Solidarität im Stadion: Basler Modell ermöglicht Armutsbetroffenen Fussballgenuss
Eine bemerkenswerte Initiative des Basler Vereins "Gärngschee" macht es möglich: Erstmals können Alessandro und seine drei Kinder gemeinsam ein Heimspiel des FC Basel besuchen, ohne dafür bezahlen zu müssen. Die vier Tickets erhielten sie von Saisonkartenbesitzern, die das Spiel gegen den FC Lausanne-Sport nicht wahrnehmen konnten.
"Das könnte ich mir aufgrund meiner aktuellen Situation nicht leisten", erklärt Alessandro. Ein Stadionbesuch würde auf den günstigsten Plätzen rund 100 Franken kosten. Für viele Familien in prekären Verhältnissen ist dies schlicht unerschwinglich.
Innovative Plattform verbindet Angebot und Nachfrage
Der Verein "Gärngschee", entstanden aus dem Basler Online-Medium Bajour, hat eine digitale Plattform entwickelt, die Saisonkartenbesitzer und Armutsbetroffene zusammenbringt. Die Idee entstand, als der FC Basel kürzlich die Möglichkeit einführte, dass Saisonkartenbesitzer Einzelspiele online freigeben können.
"Von Armutsbetroffenen haben viele den Wunsch, ein Spiel zu besuchen", erläutert Samuel Hufschmid, Vorstandsmitglied von "Gärngschee". Die Plattform funktioniert automatisch und auf Wunsch völlig anonym.
Der Datenschutz sei gewährleistet und nur wirklich Bedürftige könnten profitieren. "Entweder lassen wir uns Sozialhilfe-Ausweise zeigen und gleichen diese mit der ID ab. Oder es gibt andere Möglichkeiten wie Caritas-Plus-Karten", so Hufschmid.
FC Basel unterstützt soziale Verantwortung
Der Fussballclub steht hinter der Initiative. "Für uns als Klub ist es toll, wenn Plätze, die sonst leer bleiben, besetzt sind", erklärt FCB-Kommunikationschef Remo Meister. "Dann haben wir mehr Zuschauende im Stadion und eine bessere Stimmung."
Beim Spiel gegen Lausanne gab der FCB die offizielle Zuschauerzahl mit 23'563 an. Allerdings werden dabei alle rund 19'000 Saisonkartenbesitzer mitgezählt, obwohl viele gar nicht erscheinen. Diese "No-Show"-Zahlen kommuniziert der FCB nicht, meist sind es aber mehrere Tausend pro Spiel.
Interesse anderer Vereine wächst
Das Potenzial ist erheblich: Derzeit werden erst rund 50 FCB-Tickets pro Spiel über die Plattform vermittelt, obwohl die Nachfrage von Armutsbetroffenen deutlich grösser ist.
Andere Schweizer Sportvereine zeigen Interesse. Die Berner Young Boys mit 20'800 Saisonkarten finden die Plattform "spannend". Der FC St. Gallen (12'000 Saisonkarten) hält sie für "prüfenswert". Der SC Bern bezeichnet das Modell als "grossartig" und "grundsätzlich gut vorstellbar".
Hufschmid sieht weiteres Potenzial: "Unsere Idee kann kopiert werden. Alle Vereine aus allen Sportarten können unsere Lösung einsetzen." Die Online-Plattform steht allen offen, finanziert durch die Swisslos-Fonds der beiden Basel.
Für Alessandro ist die Aktion bereits jetzt ein Erfolg: "Für einmal kann ich ein wenig durchatmen und muss nicht daran denken, was alles nicht möglich ist. Ich kann etwas erleben, ohne mir Gedanken darüber zu machen."