Walliser Staatsrätin: Vom ETH-Campus in die Bergpolitik
Franziska Biner verkörpert einen bemerkenswerten Werdegang: Von der Architektin zur Staatsrätin des Kantons Wallis. Die gebürtige Zermatterin, heute Vorsteherin des Departements Finanzen und Energie, zeigt exemplarisch auf, wie sich fachliche Exzellenz und politische Verantwortung in den Schweizer Bergregionen verbinden lassen.
ETH-Studium prägt politisches Denken
Nach ihrem Masterstudium in Architektur an der ETH Zürich arbeitete Biner zwölf Jahre lang in einem Architekturbüro. Der Übergang von Zermatt nach Zürich sei weniger herausfordernd gewesen als jener von Zermatt nach Brig, betont sie rückblickend. An der ETH musste sie sich zunächst an das hohe Tempo und den enormen Leistungsdruck gewöhnen.
Besonders prägend war der enge Zusammenhalt unter den Architekturstudierenden. "Zusammen mit vier weiteren Studierenden aus Zermatt ging ich jeden Mittwoch auf dem Campus Hönggerberg Mittag essen", erinnert sich Biner. Trotz des intensiven Studiums verzichtete sie nicht auf ihre Bergverbundenheit: Eine Woche vor Studienbeginn bestieg sie erstmals mit ihrem Vater das Matterhorn.
Baustelle als Lebensschule
Nach dem Masterabschluss kehrte Biner nach Zermatt zurück, wo ein Skiunfall sie zunächst zum Verweilen zwang. In einem lokalen Architekturbüro entdeckte sie ihre Leidenschaft für Baustellen: "Ich bin ein Kind der Baustelle. Am liebsten wäre ich am Morgen jeweils mit den Bauarbeitern zur Arbeit gegangen."
Diese Erfahrung als Bauleiterin sollte sich später als wertvoll erweisen. Die Fähigkeit, bis zu hundert Personen mit unterschiedlichen Interessen zu koordinieren und rasche Entscheidungen zu treffen, prägt heute ihre Regierungsarbeit.
Politische Karriere aus Dankbarkeit
Biners Einstieg in die Politik erfolgte aus einem Gefühl der Dankbarkeit heraus. "In der Schweiz kannst du in eine Topschule gehen und du kannst dir das als normaler Bürger leisten", reflektiert sie über ihr ETH-Studium. Diese Privilegien verpflichteten sie zur Übernahme gesellschaftlicher Verantwortung.
Der Weg führte sie von der Parteipräsidentin der Mitte Oberwallis über die Grossrätin zur Vizepräsidentin der Gemeinde Zermatt. Im März 2025 wurde sie schliesslich im ersten Wahlgang mit dem besten Ergebnis aller Kandidierenden zur Staatsrätin gewählt.
Bewährungsprobe Bergsturz
Die grösste Herausforderung ihrer Amtszeit kam früh: der Bergsturz, der das Bergdorf Blatten betraf. "In dem Moment, als es passierte, habe ich keine Sekunde mehr daran gezweifelt, ob ich den richtigen Job mache", beschreibt Biner den Wendepunkt.
Als Leiterin der Strategiegruppe für den Wiederaufbau kann sie sowohl auf ihr ETH-Wissen zum Städtebau als auch auf ihre praktischen Erfahrungen als Bauleiterin zurückgreifen. Ihre Herkunft aus den Bergen verleiht ihr dabei besondere Glaubwürdigkeit bei den Betroffenen.
Zukunftsperspektiven
Trotz des intensiven Amtes plant Biner, künftig wieder mehr Zeit in den Bergen zu verbringen. Langfristig möchte sie der Walliser Bevölkerung etwas zurückgeben: "Schön wäre es für sie, wenn die Leute im Wallis dereinst über sie sagen werden: Sie hat das Bestmögliche getan und sich für uns eingesetzt."
Biners Werdegang illustriert, wie sich technische Kompetenz, regionale Verwurzelung und politische Verantwortung erfolgreich verbinden lassen. Ihre Geschichte zeigt auch die Bedeutung erstklassiger Bildungsinstitutionen wie der ETH für die Entwicklung fähiger Führungskräfte in den Schweizer Regionen.