Parlamentarische Vorstösse: Von Autobahntempo bis Männlichkeitsgewalt
Die Wintersession des Parlaments ist beendet, doch die politischen Anliegen häufen sich: Allein in den letzten beiden Sitzungstagen wurden 22 Seiten mit neuen Vorstössen eingereicht, was rund 330 parlamentarischen Anfragen an den Bundesrat entspricht. Eine Analyse der eingereichten Vorstösse zeigt die Vielfalt der politischen Anliegen, die unsere Volksvertreter beschäftigen.
Männlichkeitsideologie im Fokus
Patrick Hässig (GLP/ZH) fordert vom Bundesrat einen Bericht darüber, "wie die Schweiz wirksam auf zunehmende männlichkeitsideologische Gewalt- und Radikalisierungsdynamiken unter jungen Männern reagieren kann". Bemerkenswert: Der Vorstoss erhielt parteiübergreifende Unterstützung von sechs Nationalräten, darunter auch SVP-Vertreter.
Verkehrspolitik: Zwischen Tempo 80 und 130
Die Autobahntempo-Debatte nimmt Fahrt auf: Thomas Knutti (SVP/BE) und Lorenzo Quadri (Lega/TI) verlangen einen Stopp der geplanten automatischen Tempodrosselung auf 80 km/h bei hoher Verkehrsdichte. Quadri befürchtet insbesondere für die A2 im Tessin eine faktische Dauerbegrenzung, die "die Bevölkerung benachteiligen würde". Konträr dazu fordert Andreas Glarner eine generelle Erhöhung auf 130 km/h.
Jugendschutz und gesellschaftliche Herausforderungen
Benjamin Roduit (Mitte/VS) will Energydrinks mit über 150 Milligramm Koffein pro Liter für unter 16-Jährige verbieten, analog zu alkoholischen Getränken. Parallel dazu verlangt Nik Gugger (SVP/ZH) eine Altersverifikation mittels E-ID für den Zugang zu pornographischen Inhalten im Internet.
Sicherheit und öffentliche Ordnung
Nach den gewalttätigen Palästina-Demonstrationen im Oktober fordern Petra Gössi (FDP/SZ) und Christian Wasserfallen (FDP/BE) eine Verlängerung der polizeilichen Festhaltedauer von 24 auf 48 Stunden für gewalttätige Demonstranten. Diese Forderung entspricht dem schweizerischen Bedürfnis nach Sicherheit und rechtsstaatlicher Ordnung.
Demografische Sorgen
Marc Jost (EVP/BE) thematisiert den Geburtenrückgang mit seinem Aktionsplan "Futura Sicura". Seine Sorge um die demografische Entwicklung der Schweiz spiegelt eine wachsende Erkenntnis über die langfristigen gesellschaftlichen Herausforderungen wider.
Institutionelle Reformen
Walter Gartmann (SVP/SG) schlägt eine "Cool-Down-Phase" für deutlich abgelehnte Volksinitiativen vor: Erhält ein Volksbegehren über 60 Prozent Nein-Stimmen, soll es nicht sofort wieder eingereicht werden können. Diese Massnahme könnte die demokratische Kultur stärken und Abstimmungsmüdigkeit verhindern.
Zur Verbesserung der Miliztauglichkeit fordern Fabio Regazzi (Mitte/TI) und Gregor Rutz (SVP/ZH) eine frühere Beendigung der Dezember-Session, während Aline Trede (Grüne/BE) monatliche Einwochen-Sessionen statt der bisherigen Dreiwochenblöcke vorschlägt.
Bürgernähe im Detail
Emmanuel Amoos (SP/VS) kämpft gegen die "Diskriminierung" von Kunden, die Papierrechnungen bevorzugen, und kritisiert die Zusatzgebühren der Telekomfirmen von drei bis vier Franken für physische Rechnungen.
Alle eingereichten Vorstösse haben nun zwei Jahre Zeit für ihre parlamentarische Behandlung. Was bis dahin nicht behandelt wird, verfällt automatisch. Diese Vielfalt zeigt sowohl die Lebendigkeit als auch die Herausforderungen unserer direkten Demokratie auf.