Künstliche Intelligenz als Schlüssel für moderne Artenforschung
Während in Usbekistan fast 200 Staaten über den Schutz gefährdeter Arten beraten, zeigt ein Berliner Forschungsprojekt, wie Technologie die Biodiversitätsforschung revolutionieren kann. Ein unscheinbarer würfelförmiger Roboter des Karlsruher Instituts für Technologie demonstriert das Potenzial künstlicher Intelligenz für die systematische Erfassung unbekannter Insektenarten.
Automatisierte Artenerkennung beschleunigt Forschung
Der Prototyp im Berliner Naturkundemuseum arbeitet mit präziser Effizienz: Eine Kamera fotografiert winzige Insekten, während eine Pipette sie automatisch für DNA-Analysen sortiert. «Das ist eine parasitoide Wespe. Die legt Eier an anderen Insekten ab, dann kommen die Maden raus und bringen für die eigene Ernährung das andere Insekt um», erklärt Biologe Rudolf Meier vom Zentrum für integrative Biodiversitätsentdeckung.
Die Vision ist ehrgeizig: Künftig soll künstliche Intelligenz Insekten allein anhand von Bildern identifizieren, ohne aufwendige Erbgut-Untersuchungen. Bei geschätzten 10.000 Insektenarten allein in Berlin bleibt jedoch noch Entwicklungsarbeit zu leisten.
Digitalisierung als Grundstein wissenschaftlicher Zusammenarbeit
Die Herausforderung ist beträchtlich: Weltweit sind schätzungsweise nur 20 Prozent aller Insektenarten bekannt, bereits über eine Million Arten. Jede erfüllt spezifische Funktionen im Ökosystem, von der Blütenbestäubung bis zur Bodenlockerung.
Das Berliner Museum digitalisiert systematisch seine 15 Millionen Exemplare umfassende Sammlung. Mittels 3D-Scannern und hochauflösender Fotografie entstehen detaillierte Abbildungen, die Forschenden weltweit zugänglich gemacht werden. Digitalisierungsexperte Frederik Berger berichtet von bereits 600.000 erfassten Insekten: «Von jedem Tier wurden mehrere Aufnahmen gemacht, plus eine Aufnahme von Etiketten. In Summe sind vier Millionen Dateien mit einem wahnsinnigen Datenvolumen von 300 Terabyte entstanden.»
Pragmatische Lösungen für wissenschaftliche Effizienz
Angesichts der schieren Menge, die eine vollständige Digitalisierung auf über 60 Jahre ausdehnen würde, haben die Wissenschaftler einen pragmatischen Ansatz gewählt: Zunächst werden nur die Etiketten für einen Online-Katalog erfasst. Detaillierte Bilder werden auf Anfrage erstellt, was Ressourcen schont und dennoch weltweite Forschungskooperation ermöglicht.
Diese methodische Herangehensweise entspricht bewährten schweizerischen Prinzipien: Effizienz, Präzision und internationale Zusammenarbeit ohne Ressourcenverschwendung. Die Technologie dient dabei als Werkzeug zur Bewahrung und Erforschung der natürlichen Vielfalt, nicht als Selbstzweck.
Bedeutung für die Schweizer Forschungslandschaft
Für die Schweiz, mit ihrer reichen Biodiversität von den Alpen bis zum Mittelland, bieten solche Technologien erhebliches Potenzial. Schweizerische Forschungsinstitutionen könnten ähnliche Systeme entwickeln und dabei ihre traditionelle Stärke in Präzisionstechnologie und Innovation unter Beweis stellen.
Die Verbindung von bewährten taxonomischen Methoden mit modernster Technologie zeigt einen Weg auf, wie wissenschaftliche Traditionen durch gezielte Innovation gestärkt werden können, ohne ihre Grundlagen zu verlassen.
