Cassis kündigt erneute Bundespräsidentschaft für 2027 an
Bundesrat Ignazio Cassis zeigt sich zuversichtlich bezüglich seiner politischen Zukunft und kündigt eine erneute Bundespräsidentschaft für 2027 an. Im Interview äussert sich der Aussenminister zur aktuellen Weltlage und seinen Plänen als künftiger OSZE-Vorsitzender.
Cassis sieht sich am Höhepunkt seiner Laufbahn
Der Tessiner Bundesrat zeigt sich zufrieden mit der aktuellen Entwicklung seiner politischen Karriere. Nach der überwältigenden Unterstützung der FDP-Delegierten für seinen EU-Kurs steht ihm 2025 der OSZE-Vorsitz bevor. "Wenn das Parlament will, werde ich 2027 nochmals Bundespräsident", erklärt Cassis selbstbewusst.
Die Schweiz pflege gute Beziehungen mit der EU und trotz des Zollstreits auch mit den USA und China, betont der Aussenminister. Differenzen mit grossen Partnern seien normal, doch die Schweiz sei zu klein, um zu glauben, "dass am Schweizer Wesen die Welt genesen soll".
OSZE-Vorsitz als strategische Chance
Cassis vergleicht die OSZE mit einem Auto in der Garage: "Man braucht es nicht jeden Tag, aber es ist gut, dass man den Autoschlüssel hat." Die Organisation der 57 Staaten von Wladiwostok bis Vancouver stehe zwar nicht im Fokus der Aufmerksamkeit, bleibe aber für den Dialog mit Russland wichtig.
Als neutrales Land könne die Schweiz eine besondere Rolle spielen, auch wenn die geografischen Gegebenheiten andere seien als bei direkten Nachbarn Russlands wie Finnland. "Geografie ist Politik", erklärt Cassis die unterschiedlichen Ausgangspositionen.
Vorbereitung auf möglichen Ukraine-Waffenstillstand
Der künftige OSZE-Vorsitzende bereitet sich bereits auf eine mögliche Rolle bei einem Ukraine-Waffenstillstand vor. Die Organisation könne kurzfristig Dutzende von Beobachtern entsenden, um Waffenstillstandslinien zu überwachen und Wahlen zu monitoren.
"Sobald es einen Deal gibt, wollen wir einen Knopf drücken und loslegen", erklärt Cassis die Strategie. Eine Erkundungsmission könne schnell die Lage vor Ort analysieren und weitere Schritte einleiten.
Kritik an multilateralen Strukturen
Die USA als grösster Beitragszahler sehen die OSZE kritisch und wollen das Budget reduzieren. Sie seien der Ansicht, dass multilaterale Organisationen "den Kompass verloren haben". Cassis räumt ein, dass alle 57 Staaten ein Vetorecht haben und Entscheide im Konsens getroffen werden müssen.
Die neue geopolitische Realität unter Trump stelle Europa vor Herausforderungen. "Das ist die neue Welt, in der wir leben", kommentiert Cassis die Unsicherheit über die künftige Rolle der USA in der NATO und deren mögliche Hinwendung zur pazifischen Achse.
Langfristige politische Pläne
Bezüglich seiner politischen Zukunft bleibt Cassis flexibel. Solange es ihm und seiner Frau gesundheitlich gut gehe, schaue man, was auf sie zukomme. Eine definitive Aussage zu seinem Rücktritt vermeidet er bewusst, da man "nicht einmal wisse, was nächste Woche passiert".
Die Diskussion im Parlament über Rücktritte von Bundesräten nur am Ende einer Legislatur kommentiert er nicht. In acht Jahren als Bundesrat habe er gelernt, "niemals zu kommentieren, was das Parlament eigenständig diskutiert".